Was muss dieser Mensch von uns gedacht haben? Er rührte sich nicht von der Stelle, sondern lächelte uns vergnügt zu. Ob er wohl ahnte, was der Grund für unser Treiben war? Ich weiß es nicht. Aber wenn ich es gewusst hätte, wäre es mir furchtbar peinlich gewesen. Eines Tages saß ein Mensch in dem Wartehäuschen. Neugierig musterten wir die schwarzgekleidete Erscheinung. Die ungewöhnliche Kleidung ließ nicht erkennen, ob es sich bei dem Träger um einen Mann oder eine Frau handelte. In wessen Kleiderschrank hing zu dieser Zeit schon ein Hosenanzug, mit einer taillierten, längeren, doppelreihig geknöpften Jacke und einer Hose mit leicht ausgestellten Hosenbeinen? Sowas gab`s doch nur im Fernsehen, seinerzeit unsere neuste Errungenschaft. Ja, und die Haare! Zu lang für einen Mann, zu kurz für eine Frau. Was war das nun? Dieser Sache mussten wir auf den Grund gehen. Aber wie? Man hätte ja einfach nach der Uhrzeit fragen können. Die Stimme hätte das Geschlecht sicher verraten, aber auf diese Idee kamen wir nicht. Conny, die es nie erwarten konnte erwachsen zu werden, hatte schließlich einen absurden aber unserer Meinung nach goldrichtigen Einfall. “Wir gucken mal, ob die Hose einen Hosenstall hat. Dann wissen wir´s.” Ja, das war logisch. Frauen brauchten schließlich keinen Hosenstall. Nun saß aber die Person auf einer Bank und lächelte uns freundlich zu. Sie dachte gar nicht daran aufzustehen und uns damit die Beobachtungen zu erleichtern. Ich schlug vor, so zu tun, als spielten wir Fangen. Dabei laufen wir möglichst dicht an diesem Menschen vorbei und gucken ganz genau hin. Alles klar! Lachend und schreiend liefen wir also herum, ohne das geheimnisvolle Wesen und vor allem das, was es zwischen den Beinen hatte, aus den Augen zu lassen. Irgendwann waren wir so außer Atem, dass wir beschlossen, einen Hosenstall gesehen zu haben. Nun stand es eindeutig fest: Das ist ein englischer Beatle. Toll! Und so eine berühmte Persönlichkeit wartet ausgerechnet bei uns auf den Bus! Eine Sensation! Presse! Rundfunk! Fernsehen! Alle sollen es erfahren, aber wenigstens die Leute aus unserem Haus. Aufgeregt begannen wir, die Mieter der Parterrewohnungen herauszuklingeln. “Wir haben einen englischen Beatle gesehen. Der sitzt da draußen auf der Bank.” Wir erwarteten, dass diese Neuigkeit eine so weltbewegende Wirkung hinterließ, dass die Leute sofort alles stehen und liegen ließen, um das Wunder mit eigenen Augen zu betrachten. Doch wie enttäuschend! Nichts geschah. Ein müdes, ungläubiges “Ach ja? Tatsächlich? war schon die ganze Reaktion. Warum sind Erwachsene immer so desinteressiert und misstrauisch?! Am Tag meiner Einschulung (5.9.1965) genau gegenüber des Wohnhauses und im Hintergrund der inzwischen fertiggestellte Busbahnhof