Deutsche Rentner reisen am liebsten in den Schwarzwald. Ach ja? Wieso eigentlich? Natürlich! Je
älter man wird, desto besser funktionieren die Beine und die Omis und Opis springen leichtfüßig von
Berg zu Berg, klettern mühelos bei einem Waldspaziergang in guter Luft durchs Unterholz. Wie kommt
der Schwarzwald zu diesem Image? Da sind die Trachten samt Bollenhut, der Obstschnaps, die
Kirschtorte und die sündhaft teuren, wunderschönen Nervtöter namens Kuckucksuhren. Alles was
für alte Leute … aber bitte mit Sahne. Ich gebe zu, allein viele Ortsnamen klingen nach guter alter
Zeit. Alles scheint so gemütlich und das Deutschtum wird offenbar sehr gepflegt. Auf unseren Wegen
kamen wir vorbei am Löchli, durch Mösli nach Blasiwald. Und dann auch noch der Titisee (na ja, die
Schreibweise….) Jaja, da kichert der Opi und die Omi erinnert sich schmachtend an den Professor
Brinkmann aus der Schwarzwaldklinik.
Wir überlegten, wo wir den Sommerurlaub 2015 verbringen könnten. Die Nordsee ist immer gut. Diesmal
könnte es vielleicht mal Ostfriesland werden, und da war noch immer der Plan Helgoland einen Besuch
abzustatten. Der äußerste Südwesten Deutschlands war uns aber noch völlig fremd. Die Nähe zu Frankreich
und der Schweiz machte es umso interessanter. Und dann sah ich eines Tages die Dokumentations- und
Wissenschaftsmagazin-Sendung „Planet Wissen“ mit dem Thema „Schwarzwald“. Man sprach über die
Entstehung und Geschichte, über das Freilichtmuseum „Vogtsbauernhof“ und über moderne Trachtenmode.
Hochinteressant! Ich schlug zaghaft meinen Leuten dieses Reiseziel vor. Nur wenige Tage später kamen schon
wieder Sendungen, in denen es um das Leben im Schwarzwald ging. Es war wie ein Zeichen. Dorthin sollten wir
reisen.
Gesagt – getan. Im Internet fanden wir ein Angebot für eine Ferienwohnung
auf dem „Hoferpeterhof“ in Bad Peterstal-Griesbach. Es gab keine
Beurteilungen. Das machte uns etwas skeptisch, zumal der Preis sehr günstig
war.
Aber wir hatten Glück. Am 19.6.2015 machten wir uns auf die Reise und erreichten unser Ziel nach
7 Stunden. Dabei konnten wir weitestgehend zügig fahren, obwohl die Autobahn ab Heilbronn recht voll wurde. Lange Zeit
fragten wir uns, wann man denn endlich etwas vom Schwarzwald sehen könne, obwohl wir ja eigentlich schon mittendrin waren.
Weite ebene Flächen…wir hätten ebenso gut irgendwo in Schleswig Holstein sein können. Doch kaum waren wir von der
Autobahn abgefahren, veränderte sich die Landschaft.
Die Berge rückten immer näher und wir befanden uns schon bald in einem immer schmaler werdenden Tal mit steilen
tannenbewachsenen Bergen. Die Dörfer waren gewissermaßen ebenfalls den Berg hinauf geklettert, indem sie sich in die Höhe
ausbreiteten, wohin teilweise sehr abenteuerlich anmutende schmale steile Wege hinauf führten. Was wir jetzt sahen, war genau
die Bilderbuchlandschaft, die wir aus Büchern und Filmen kannten. Viele modernere Häuser waren in ihrem Stil den uralten
Gebäuden angepasst. Offenbar hat sich die Bauweise in jener Gegend gut bewährt. Auf mich wirken sie wie Köpfe, die eine weit
ins Gesicht geschobene Kapuze tragen. Schon beim Bau wurde viel Holz verwendet. So bildet das Holz in vielen Bereichen einen
Schwerpunkt. Der Schwarzwald wurde begründet und lebt noch heute weitestgehend von seiner Holzwirtschaft. Wir kamen an
vielen Holzbetrieben vorbei, wo riesige Baumstämme lagerten, wie man sie bei uns nie sieht. Sie verbreiten einen sagenhaften
Duft, dass man am liebsten aussteigen möchte, um einfach nur zu schnuppern. Was uns jedoch ebenfalls auffiel, waren die vielen
Kirschbäume. Wir waren überrascht. Wild am Wegesrand, in Gärten oder in sauber angelegten Plantagen standen da Unmengen an
Kirschbäumen, die sich teilweise schwer unter ihrer Last reifer Früchte beugten. Dicke schwarze Kirschen glänzten im
Sonnenlicht und die Ernte war in vollem Gange. Ja, natürlich! Da ist nicht nur die berühmte Schwarzwälder Kirschtorte, sondern
auch das hochprozentige Kirschwasser. Und irgendwoher müssen die Früchte ja kommen.
Schließlich erreichten wir den Ort Bad Peterstal. Gleich die ersten
Gebäude des Ortes gehören zur Getränkefabrik. Hier wird ein
natürliches Mineralwasser, was bereits leicht prickelnd aus der Erde
kommt, weiter verarbeitet und versandt.
Wir fuhren bis zur Kirche und bogen dann rechts ab, um zu unserem
Quartier zu kommen. Zunächst ging es vorbei am Friedhof, der sehr
steil über dem Ortszentrum „klebte“, was in dieser Gegend jedoch
keine Seltenheit ist. Der Weg wurde immer steiler, doch wir ahnten zu
diesem Zeitpunkt noch nicht, dass diese Steigung
noch ganz harmlos war. So erreichten wir unsere
Gastgeber und sahen hautnah, wie clever man im
Schwarzwald baut, wo die Berge so steil und nah
beieinander stehen. Der Familie Huber gehören 3 Gebäude, von denen 2 an
Urlauber vermietet werden. Das modernste Haus wird von ihnen selbst genutzt.
Es wurde uns erst später bewusst, dass hier eine Bauweise Einsatz fand, die sich
schon vor einigen 100 Jahren bewährt hat. Um den Platz optimal zu nutzen, baute
man direkt am Berg, wobei es möglich war, die oberste Etage mit einem Weg zu
verbinden, von dem man mit einem Wagen die Ernte, oder das Heu direkt hinein
fahren konnte. So kam es auch, dass wir, um in unsere Ferienwohnung in der 1. Etage zu kommen, zunächst eine
Etage scheinbar in den Keller hinabsteigen mussten.