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Wir entschlossen uns
zu einer
Inselrundfahrt mit
dem Bus. Auf diese
Weise würden wir
wohl am meisten
erfahren und
besonders viel sehen.
Tatsächlich war das eine gute Wahl.
Gleich neben dem Bahnhof warten die Busse.
Ich weiß nicht, ob das immer so ist, aber unser Bus und
auch ein zweiter wurde schnell voll. Der Fahrer war
gleichzeitig der Moderator. Mit überaus angenehmer Stimme
und leichtem norddeutschen, aber gut verständlichem Slang
berichtete er von seiner Heimat. Deutschlands größte
Nordseeinsel verändert sich ständig. Wer weiß, was noch von ihr übrig wäre,
würde man nicht immerfort Unsummen in ihren Erhalt investieren. So haben
sich auch Orte verändert. Einige hat sich bereits das Meer geholt und so
entstanden an anderer Stelle neue Siedlungen. Auch Westerland ist längst nicht
mehr der ursprüngliche Ort. Während die Nachbarinseln nicht weniger bedroht
sind, fließt das meiste Geld nach Sylt. Verständlich, dass Föhr und Amrum
dafür wenig Verständnis haben. Vielleicht ist es eine Vorliebe des Busfahrers gewesen, vielleicht auch Zufall; besonders viel
sprach er über den äußersten Norden der Insel mit seiner Heidelandschaft und einer gewaltigen Wanderdüne am sogenannten
Ellenbogen. Tatsächlich hat mich diese Landschaft ganz besonders an Schottland erinnert. Wo genau leben die Reichen und
Schönen? In Kampen. Die Axel-Springer-Erben, die Familie Oetker, Otto Waalkes, Dieter Bohlen, Rudi Assauer, Anja Schüte,
die Thomallafrauen …. Ob Wirtschaftsmagnat, Politiker, Künstler; wer Rang und Namen hat, wen man aus den Medien kennt,
der hat wenigstens einen Zweitwohnsitz in Kampen. Wir sind mit dem Bus nicht direkt durch den Ort gefahren, waren aber
überrascht, wie bergig die Landschaft ist. Und dann thronen da oben auf dem Kliff die riesigen Supervillen mit einer
einzigartigen Aussicht. Dieser Luxus hat natürlich seinen Preis und der bewegt sich für Otto Normalverbraucher jenseits von
Gut und Böse. Zurzeit gibt es auf Sylt kein Bauland und doch wird überall gebaut. Wollte man heute ein Haus kaufen, müsste
man mindestens 2 Millionen Euro aufbringen. Die momentan teuerste Immobilie auf der Insel kostet schlappe 53 Millionen
Euro. Wenn doch aber gar kein Bauland da ist? Wer heute eine Immobilie erwirbt, weiß, der Wert verdoppelt sich innerhalb
von 5 Jahren. Egal also, wie das Haus aussieht und wie alt es ist, es wird abgerissen und neu aufgebaut. Nur dann wird die
Verdoppelung in 5 Jahren wirksam und was man für Abriss und Neubau investierte, wird jetzt trotzdem zu einem
Riesengewinn. Diese Entwicklung klingt jedoch nicht mehr gesund. Immer mehr Superreiche werden angezogen und die ganz
normalen Sylter, die seit Generationen auf der Insel gelebt haben, werden verdrängt, weil sie finanziell mit einer solchen
Entwicklung nicht mehr Schritt halten können. Und es gibt noch mehr Nebenerscheinungen, die bedenklich stimmen. Dieser
Bauboom wird geduldet und um es nicht ins Uferlose zu treiben, gibt es eine ganze Reihe von Auflagen, die erfüllt werden
müssen, die den Reichen aber offenbar nur ein müdes Lächeln kosten. Nicht überall, aber in vielen Orten ist es Vorschrift, dass
es nur reetgedeckte Häuser geben darf. Gerade diese riesigen Walmdächer sind ein teurer Spaß. Die Häuser müssen auf ganz
bestimmte Weise verklinkert sein. Sie müssen Sprossenfenster haben ….. Das Resultat: Es entsteht eine Vereinheitlichung,
die zwar schön und gepflegt aussieht, aber einem Ort jede Individualität, jeden charakteristischen Charme nimmt.
Gerade, was ich von Kampen gesehen habe, sieht darum ziemlich seelenlos aus.