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Sonntag, 17.06.2012 – Am Abend sollte Deutschland mit 2:1 gegen Dänemark gewinnen und damit ins Halbfinale der Fußball-
EM einziehen. Urbaneks sollten an diesem Tag ihre eigenen Erfahrungen mit den Dänen machen. Im Radio stimmten die „Toten
Hosen“ auf das Fußballereignis ein, indem Campino den Ohrwurm „An Tagen wie diesen“ schmetterte. Dabei regnete es
Bindfäden. Zeitweise schafften es die Scheibenwischer kaum. Bis jetzt hatten wir einen typisch schottischen Sommer. Sonne
und Regen wechselten sich ständig ab. Was solls?! Der Reiseführer empfahl Tønder. Das ist der erste größere Ort hinter der
Grenze. Wenn man in der Nähe ist, sollte ein Abstecher in dieses dänische Städtchen lohnenswert sein. Vor
allem gäbe es schicke Möbel und die beliebten dänischen Kuchen und Süßwaren. Der Sinn nach Möbeln stand
uns so gar nicht und Süßwaren …. Gift für Diabetiker. Aber mal zu den Dänen rüber schauen; klar, warum
nicht? Wenn wir denn schon mal hier sind… Wir fuhren also zunächst eine weite Strecke durch Nordfriesland.
Trotz des Regens – sooo schööön! Und diese Ortsnamen! Manchmal mussten wir lachen. Das klingt so fremd
in unseren Ohren. Gleich hinter Friedrichstadt gibt es einen Ort namens Koldenbüttel. Spricht man den Namen
gedanklich auch noch so aus, dass jede Silbe hart betont wird, dann könnte das ein Schimpfwort für einen
kleinen Frechdachs sein, der gerade irgendwelche Dummheiten gemacht hat. „Was hast du denn da schon
wieder angestellt?! Nichts als Dummheiten im Kopf, du KOLDENBÜTTEL!“ Lustig! Hier oben enden
Ortsnamen oft mit „büttel“, „büll“, „koog“, oder „um“.
Während abends das Fußballspiel lief, las ich die „Bild am Sonntag“ und fand
diesen Zeitungsartikel. Hier ging es doch tatsächlich um den Markt, auf dessen
Parkplatz wir am Morgen im strömenden Regen standen und uns über die durstigen
Dänen gewundert haben. Am Tag zuvor war dort Neueröffnung mit dieser kuriosen
Aktion. Vermutlich gab es heute noch manch günstige Eröffnungsangebote und die
Dänen hatten auch komplett bekleidet die Chance, manch nettes Schnäppchen zu
erwerben.
Ilona ist bestens informiert über die Gepflogenheiten der Nordländer. Ilona liebt
nicht nur die Landschaft, die Architektur, das Meer sowieso; Ilona liebt auch die
Sprache. Und! Ilona ist ein höflicher Mensch (meistens). „REWE“ in
Norddeutschland heißt „Sky“. In einem solchen Markt muss man genauso an der
Kasse stehen, wie anderswo. Der Unterschied ist jedoch, Ilona wird freundlich mit
„Moin“ angesprochen. Das ist da, wo Ilona herkommt, nicht üblich. Und so
antwortet Ilona am Nachmittag ebenso freundlich: „Guten Morgen“. Jaja, ich weiß
doch…..
Tønder war dann schnell abgearbeitet. Ein netter Ort in himmlischer Ruh an einem verregneten Sonntagvormittag. Die Dänen
scheinen ziemlich wasserscheu, denn die hatten sich alle irgendwo verkrochen. Vielleicht waren sie aber auch verreist. Tønder
schien jedenfalls menschenleer. Aussteigen lohnte sich für uns nicht. Also kehrten wir nach einer Runde durch das
Geisterstädtchen wieder nach Deutschland zurück. Im letzten deutschen Ort vor der Grenze hatten wir auf dem Hinweg mehrere
geöffnete Supermärkte gesehen. Das traf sich gut, denn wir brauchten noch Marmelade. Süderlügum ist auch wieder so ein
kurioser Name und so wenig einprägsam, dass wir ihn garantiert vergessen hätten, wäre da nicht ….. Das jedenfalls ist der letzte
deutsche Ort vor der Grenze und man kann nur staunen, mit wie vielen Supermärkten der bestückt ist. Gleich zwei Märkte teilen
sich einen Parkplatz in unmittelbarer Grenzmähe. Es war die Neugier, die mich dazu antrieb, ausgerechnet dort anzuhalten. Die
Reklame strahlte uns überwiegend in dänischer Sprache an. Ich gebe zu, auf die
dänischen Waren war ich dann doch gespannt. Also erkämpften wir uns den
wahrscheinlich einzigen freien Parkplatz. Weil es gerade in diesem Moment ganz
extrem regnete, blieben wir noch im Auto sitzen und beobachteten, was da vorging.
Außer uns waren dort vielleicht nur noch ein oder zwei Fahrzeuge mit deutschen
Nummernschildern. Alle anderen waren Dänen. Im strömenden Regen lenkten die
nun ihre übervollen Einkaufswagen zu ihren Autos. Tatsächlich hatten sich alle
riesige Türme von Getränkedosen auf ihre Wagen gebaut. Dass Speisen und
Getränke in Dänemark teurer sind, als bei uns, war uns bekannt, aber solche
Hamsterkäufe waren sogar dem Ex-DDR-Bürger fremd, der von Vorratshaltung
richtig viel verstand. Der Regen wollte nicht nachlassen und uns wurde es
allmählich unheimlich. Ein Fahrzeug parkte einfach mitten auf einem Zufahrtsweg
des Parkplatzes. Daneben kam ein Däne direkt auf uns zugefahren, so dass wir nur
mit einem riskanten Rückfahrmanöver aus dieser Situation kamen. Was, um alles
auf der Welt gab es da, dass diese Leute so aggressiv reagierten? Wir fuhren etwa
100 Meter weiter. Da gab es ein Lidl und einen Sky-Markt. Auch hier tummelten
sich Dänen, jedoch nicht ganz so viele und auch hier war alles zweisprachig
beschriftet. Süßigkeiten und Lakritze gab es in XXXL-Packungen und den meisten
Raum in den Geschäften nahmen die Getränke ein. Auch hier kauften die Dänen
palettenweise Getränkedosen. An der Kasse sprach man uns auf Dänisch an,
obwohl wir eigentlich hätten auffallen müssen; so ganz ohne Dosen, dafür mit
einem Glas Marmelade. Insgesamt war die Stimmung jedoch merkwürdig. Wir
waren froh, bald wieder im Auto zu sitzen. Hier fühlten wir uns im eigenen Land
wie Ausländer. Unglaublich, wie diese Gegend von den Dänen dominiert wird.