Die Osterfeiertage stehen bevor und der Wetterbericht prophezeit leider nicht viel
Gutes. Die Sonne soll sich lediglich am Karfreitag in der Mitte Deutschlands ab
und zu sehen lassen. So sollten wir eben jenen Tag für einen Ausflug nutzen.
Ich schlug Hildesheim vor. Dort waren wir bisher nicht, aber die Stadt ist ganz
sicher sehenswert, kannte ich doch einige Fotos von ganz bezaubernden
Fachwerkhäusern. Gesagt – getan. Guten Mutes starteten wir optimistisch in den
grauen Tag. Laut Wetterbericht würde die Sonne spätestens an unserem Tagesziel
durchbrechen. Die jedoch hatte andere Pläne, wie wir schließlich bemerken
mussten. Die Fahrt wurde lang. Die Straßen waren recht belebt, weshalb wir uns
zu einer „Abkürzung“ hinreißen ließen, die sich als sinnloser Umweg erwies.
Also wieder zurück. Besonders amüsant wurde es dann in Braunschweig. Kaum
runter von der Autobahn steckten wir im dichtesten Gedränge auf teilweise ganz
neuen Straßen. Unser Navi war überfordert und ließ uns Pirouetten drehen. Ganz
Braunschweig schien eine einzige Baustelle zu sein. Die Beschilderung war
denkbar schlecht und verwirrend. „Hildesheim“ lasen wir gar nicht. Nach der 3.
Ehrenrunde wurden wir mutig und wählten entgegen aller Schilder und der ewig
freundlichen Stimme im Navi eine Abfahrt, die uns irgendwie sympathisch war.
Wir ignorierten das eindringliche „Wenn möglich, bitte wenden“ und kamen doch
tatsächlich in Hildesheim an.
Kann es sein, dass sich Theodor Storm damals geirrt hatte, als er Husum als
„graue Stadt am Meer“ bezeichnete? Nun liegt Hildesheim weit weg vom Meer,
aber gewaltig grau war es hier. Das lag natürlich am Wetter. Es wollte einfach
nicht freundlicher werden. Zudem schien die Stadt ausgestorben zu sein. Es
konnte wohl nur ein paar dämlichen Hallensern einfallen, ausgerechnet an einem
Karfreitag hierher zu reisen. Und kalt war es außerdem. Einen Vorteil hatte dieser
unfreundliche Tag jedoch. Wir hatten keine Mühe, einen günstigen, zentralen
Parkplatz zu finden.
Die Stimmung besserte sich, als wir den Marktplatz erreichten. Hier waren die
Fachwerkhäuser, die ich bisher nur von Bildern kannte. Man muss wissen, dass
Hildesheim im 2. Weltkrieg stark zerstört wurde und all diese herrlichen
Bürgerhäuser sowie das Rathaus nach dem Krieg wieder aufgebaut wurden.
Genau genommen sind diese Gebäude Neubauten, doch man hat sich sehr genau
an die historischen Vorgaben gehalten und es ist eine wahre Meisterleistung, die
den Hildesheimern damit gelungen ist. Anderswo hat man zerstörte Häuser
einfach abgerissen und durch funktionale, aber triste Plattenbauten ersetzt. Hier
hat man sich die Mühe gemacht, das Alte nicht einfach aufzugeben. Ich
interessiere mich sehr für alte Stadtarchitektur. Nirgendwo habe ich
Vergleichbares gesehen. Der Umstand, dass es heute so ruhig war, kam mir daher
sehr entgegen. Ich konnte mich kaum sattsehen an den vielen schönen Details
dieser Gebäude. Ganz besonders das Knochenhaueramtshaus hat mir gefallen.
Gern hätte ich einen Blick hinein geworfen. Über das ganze Stadtzentrum
verstreut findet man noch einige dieser „neuen Altbauten“. Markant ist auch
der „Umgestülpte Zuckerhut“. Die Gebäude am Markt sind jedoch die
prachtvollsten.
Dem Touristen wärmstens empfohlen wurde der Dom. Laut Reiseführer sollte
dieser der Höhepunkt einer Stadtbesichtigung sein. Den Tausendjährigen
Rosenstock in der Apsis sollte jeder Besucher gesehen haben. Wir kamen an
und der Dom im romanischen Baustil wurde gesäumt von einer großen
Baustelle. Ja, gut, das muss auch sein, damit diese herrlichen Bauten noch
lange erhalten bleiben. So eine Kirche ist ein öffentliches Haus. Wenn nun
draußen gebaut wird, sollte man doch aber ins Innere gelangen. „Karfreitag
geschlossen“ stand an der Tür. ??? Ostern ist der höchste Feiertag der
Katholiken und da hat die Kirche zu? Unglaublich!
Wir spazierten um den Katenberger Graben und zurück zum Auto. Ein
bisschen enttäuscht waren wir, aber die wundervollen Eindrücke von den
einzigartigen Gebäuden am Markt kann uns keiner nehmen.
Auf dem Heimweg machten wir noch einmal Halt in Alfeld. Der Ort wurde
wegen seiner hübschen Fachwerkarchitektur im Reiseführer empfohlen.
Einen guten Parkplatz unmittelbar am Eingang in eine Fußgängerzone fanden
wir ganz idyllisch neben einem Kraftwerk. Beeindruckend dieses Monster!
Das Ortszentrum war dann aber doch sehr hübsch und wieder geriet ich
angesichts der schönen Bauten ins Schwärmen.
Alles in Allem – ein interessanter Ausflug mit vielen sehr schönen Ansichten.
Anderes Datum, anderes Wetter; und es wäre der perfekte Tag!